Ausgangsbeschränkungen treffen Obdachlose in Saarbrücken besonders hart

Die Corona-Krise trifft die Obdachlosen in Saarbrücken besonders hart. Spenden und Flaschenpfand bleiben aus, die Ansteckungsgefahr ist hoch. Hinzu kommen die Ausgangsbeschränkungen im Saarland: Nur ein "triftiger Grund" rechtfertigt, das Haus zu verlassen. Was aber, wenn man kein Zuhause hat?
Die Ausgangsbeschränkungen machen Obdachlosen in Saarbrücken die Corona-Krise besonders schwer. Symbolfoto: BeckerBredel
Die Ausgangsbeschränkungen machen Obdachlosen in Saarbrücken die Corona-Krise besonders schwer. Symbolfoto: BeckerBredel
Die Ausgangsbeschränkungen machen Obdachlosen in Saarbrücken die Corona-Krise besonders schwer. Symbolfoto: BeckerBredel
Die Ausgangsbeschränkungen machen Obdachlosen in Saarbrücken die Corona-Krise besonders schwer. Symbolfoto: BeckerBredel

Die Johanneskirche in Saarbrücken ist tagsüber seit jeher Anlaufstelle für Obdachlose. Auch in Zeiten von Corona zieht es viele zu dem Platz gleich gegenüber des Rathauses. Verständlicherweise, denn hier befindet sich derzeit nicht nur die Ausgabestelle von „Ingos kleiner Kältehilfe“, die auch in der Krise Mahlzeiten an Bedürftige ausgeben darf, sondern auch der Gabenzaun, an den Nahrungs- und Kleidungsspenden gehängt werden können.

Polizei und Ordnungsamt kontrollieren an der Johanneskirche

Das Problem: Menschenansammlungen und ein längeres Verweilen im öffentlichen Raum sind derzeit nicht gestattet. Polizei und Ordnungsamt in Saarbrücken kontrollieren auch im Umkreis der Johanneskirche, ob die Beschränkungen eingehalten werden. Ein Verstoß gegen die Corona-Verfügung kann mit bis zu 200 Euro Bußgeld geahndet werden oder sogar ein Strafverfahren nach sich ziehen. Wie aber verfährt man hier mit Obdach- und damit auch Mittellosen?

Ansammlungen und mangelnder Abstand

Wie die Polizei Saarbrücken auf SOL.DE-Anfrage berichtet, sei man zusammen mit der Stadtverwaltung und Trägern von Sozialhilfen um eine Lösung bemüht. Die Landeshauptstadt gab auf Nachfrage an, dass Mitarbeiter des Ordnungsamtes im März mehrfach an der Johanneskirche im Einsatz waren – teilweise mit der Vollzugspolizei.

Dabei seien wiederholt Ansammlungen aufgelöst worden. Zudem seien in einem Fall bei der Essensausgabe der Kältehilfe die Abstände nicht eingehalten worden. Die konkrete Zahl der Verstöße durch Obdachlose nannten Polizei und Stadtverwaltung auf unsere Anfrage jedoch nicht.

Verstöße vermerkt und Platzverweise ausgesprochen

Man setze auf klärende Gespräche – der Fokus liege auf der Gefahrenabwehr. Die Polizei habe daher von der Einleitung von Strafverfahren abgesehen, auch Bußgelder seien nicht fällig geworden.  Wie die Landeshauptstadt mitteilte, erfassten die Beamten bei ihren Einsätzen Personendaten und sprachen teilweise auch Platzverweise aus. 

Wohin sollen Obdachlose in Saarbrücken in der Corona-Krise?

Diese Maßnahme wiederum wirft die Frage auf: Wohin sollen sich die Obdachlosen in Saarbrücken wenden, wenn sie sich im öffentlichen Raum nicht aufhalten dürfen? Laut Stadtverwaltung gebe es in Saarbrücken weiterhin Anlaufstellen für Obdachlose. Konkrete Stellen, an denen die Wohnungslosen sich in der Corona-Krise aufhalten können, wurden von der Stadtverwaltung jedoch nicht genannt. Man räumte ein, dass einige Einrichtungen ihr Angebot in der Krise angepasst hätten. 

Einrichtungen für Obdachlose müssen Angebot einschränken

Vor allem tagsüber sind die Möglichkeiten für die Bedürftigen eingeschränkt. Die AWO-Notschlafstelle etwa bietet zwar weiterhin Übernachtungsmöglichkeit und Essen – allerdings nur noch zum Mitnehmen. Ein Aufenthalt ist nicht mehr möglich. Auch in der Saarbrücker Wärmestube können Obdachlose nicht länger ihren Tag verbringen. Es bleiben beispielsweise das Bruder-Konrad-Haus für Männer und das Elisabeth-Zillken-Haus für Frauen. Allerdings ziehen viele Obdachlose aus verschiedenen Gründen ein Leben auf der Straße vor. Eine Lösung des Problems scheint nicht gefunden.

Verwendete Quellen:
– Antwortschreiben der Landeshauptstadt Saarbrücken
– Eigene Recherche